Bbr. Michael Hieronymus absolvierte im Sommersemester 2017 ein Erasmus-Semester in Verona:
„Romeo, oh Romeo, warum bist du nur Romeo?“
Die Tragödie von William Shakespeare über die unglückliche Liebesbeziehung von Julia Capulet und Romeo Montague ist weithin bekannt, gelten sie doch gar als das berühmteste Liebespaar der Weltliteratur. Ihre tragische Beziehung trug sich in Verona zu, zu einer Zeit, als die Staatsgewalt von Familienclans ausgeübt wurde. Die Feindschaft zweier dieser Familien nutze Shakespeare als Grundlage für seine Geschichte. Ein jeder Besucher in Verona wird direkt auf das Elternhaus von Julia stoßen, an dem sich der berühmte Balkon befindet und vor dem eine Julia-Statue steht (Diese ist auf dem obigen Foto zu sehen). Obwohl die Tragödie lediglich eine fiktive Geschichte ist, weiß die Stadt Verona sie geschickt zu nutzen. Praktischerweise befindet sich Julias Elternhaus direkt neben dem zentralen Marktplatz, der Piazza Erbe. Dieser Platz und die an der Piazza Bra gelegene Arena von Verona (zu sehen auf dem Foto rechts) bilden und begrenzen den kleinen Stadtkern. Tagsüber wird dieser von zahllosen Touristengruppen bevölkert und so ist zeitweise das Gedränge vor dem Julia-Haus so groß, dass dieses nahezu unpassierbar wird. Leider führte mein direkter Weg zur Universität über die Piazza Erbe und vorbei an dem Haus.
Im Sommersemester 2017 war ich an der Università degli Studi di Verona über das Erasmus+-Programm am dortigen Economics Department eingeschrieben. Hier in Würzburg studiere ich im Master Wirtschaftsinformatik. Meine Entscheidung nach Verona zu gehen traf ich primär aus zwei Gründen. Zum einen wegen des Landes und zum anderen, da sich ein dortiger Aufenthalt vor allem für Masterstudenten eignet. Die Unterrichtssprache war in allen Wiwi-Masterstudiengängen Englisch. Über den Accomodation Service der ISU (International Students Union) fand ich problemlos ein WG-Zimmer und hatte zwei Mitbewohner, einen Italiener und eine Norwegerin.
Bevor das Semester am 27. Februar begann, wurden ein zweiwöchiger Italienisch-Intensivkurs und Einführungsveranstaltungen angeboten. Obwohl die Unterrichtssprache Englisch ist und darüber hinaus viele Norditaliener Deutsch verstehen, empfiehlt es sich dennoch ein wenig die Landessprache zu beherrschen. Neben dem Sprachkurs nahm ich ebenfalls am Sprachtandemprojekt der Universität teil. Dabei werden einheimische und Erasmus-Studenten aneinander vermittelt, um gegenseitig von einem Muttersprachler lernen zu können. Dies lohnte sich auch deshalb, weil der Tandempartner einen bei Fragen und Problemen weiterhelfen kann.
Erste Kontakte zu anderen Erasmus-Studenten konnte ich bereits im Sprachkurs knüpfen. In diesem waren neben Gaststudenten der Universität auch welche des Conservatorio Di Verona Felice Dall‘Abaco (Musikhochschule). Die Klassen der Musikhochschule veranstalten regelmäßige Konzerte, bei denen die Studenten in Kleingruppen vor allem diverse klassische Stücke aufführen, welche absolut hörenswert sind. Darüber hinaus unternahm ich mehrere Ausflüge als auch die Erkundungstouren durch die Stadt Verona mit Studenten aus dem Sprachkurs.
Die Stadt Verona selbst ist sehr schön und der Stadtkern schnell erkundet. Die wichtigsten Sehenswürdigkeiten sind in etwa zwei Stunden abgelaufen. Als italienische Stadt verfügt Verona über mehrere gute Lokalitäten zum Genuss von Pizza, Pasta, Wein und Eis. Dagegen ist von Bier abzuraten, da zum einen die Preise relativ hoch sind und zum anderen sämtliche guten Biere importiert sind. Dafür ist günstiger Wein leicht zu finden. Wer Heimweh nach der bayrischen Heimat bekommt, der wird im Kulmbach Bier-Haus fündig. Für das Nachtleben stehen zahlreiche Kneipen zur Verfügung; Discotheken liegen leider vollständig außerhalb. Allerdings organisierte das örtliche Erasmus Student Network (ASE-ESN Verona) mehrmals Busfahrten zu den Discos und darüber hinaus weitere Veranstaltungen. Zu diesen gehörten unter anderem jeden Donnerstag eine Mottoparty, Kneipentouren, Kanufahrten, Städtetrips und vieles mehr.
Ein Muss bei einem Aufenthalt im Sommer sind die Opernaufführungen in der Arena. Sie ist nach dem Colosseum in Rom die größte erhaltene römische Arena. Im Winter soll es, so wurde mir berichtet, einen einwöchigen deutschen Weihnachtsmarkt geben. Ebenso ist der Karnevalsumzug, einer der ältesten Italiens, absolut beachtlich und auch Valentinstag wird, wie sollte es für die Stadt von Romeo und Julia anders sein, ausgiebig zelebriert (Wobei sich letzteres vor allem an Touristen richtet). Weitere schöne Traditionen sind die Examensfeiern der Universität in der Graduation Week und Ausflüge an Ostermontag ins Grüne.
Besonders die zentrale geographische Lage lädt überdies dazu ein das Land zu erkunden. So konnte ich Städte wie Mailand, Bergamo, Pisa, Florenz, Venedig, Padua, Bologna und die Dörfer von Cinque Terre günstig und leicht erreichen (Das linke Foto stammt z.B. vom Schiefen Turm von Pisa). Neben Zügen stehen zudem Fernbusse zur Verfügung. Durch die Nähe zum Gardasee bestand eine sehr gute und günstige Busanbindung zu den Städten am südlichen und östlichen Ufer. Am See sei vor allem auf das Weinmuseum des Weinguts Zeni in Bardolino und den Jamaica Beach von Sirmione verwiesen. Hinsichtlich der Bustickets ist es hilfreich zu wissen, dass diese grundsätzlich in Tabakläden am günstigsten zu erwerben sind. Um weiter entfernte Reiseziele zu erreichen bietet sich der Flughafen von Verona an und auch die Flughäfen von Venedig und Bergamo sind leicht zu erreichen.
Alles in allem war Verona ein sehr schönes Abenteuer. Wo sonst, wenn nicht innerhalb eines Erasmus-Semesters, gibt es die Möglichkeit z.B. zu zehn Personen aus sechs Nationen zusammen zu kochen? Dies und viele weitere Erlebnisse lassen mich einen Auslandsaufenthalt wärmstens empfehlen.