„Seht doch, wie gut und schön ist es, wenn Brüder miteinander in Eintracht wohnen.“
Ps 133,1, Ein Wallfahrtslied Davids
Liebe Bundesbrüder,
wie herrlich ist es, auf ein Jahr zurückblicken zu können, in dem wir erneut unser Stiftungsfest feiern und nach alter Tradition die Nikolokneipe begehen konnten. Ganz ohne Kontaktbeschränkungen waren endlich wieder die persönlichen Gespräche, herzlichen Umarmungen und gemeinsamen Abende möglich, die wir schmerzlich vermisst haben.
Als Christen steuern wir mit dem sich neigenden Jahr auf einen besonderen Festtag zu: Christi Geburt. Wie jedes Jahr werden wir hier im schönen Frankenland, oder aber in unseren Heimatdörfern und -städten mit unseren Liebsten die Festtage verbringen, gutes Essen genießen, im Kerzenschein beisammen sein und in der Kirche die Weihnachtsgeschichte hören.
„Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot des Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. Und diese Schätzung war die allererste und geschah zu der Zeit, da Cyrenius Landpfleger in Syrien war.“
Lk 2,1
Bei all der Vorbereitung und Vorfreude auf das Fest, möchte ich unseren Blick aber auch auf diejenigen lenken, die in diesem Jahr kein Festmahl genießen oder mit ihrer Familie das Fest werden feiern können. Ganz besonders am Herzen liegt mir dabei das Leid des ukrainischen Volkes.
Noch vor einem Jahr haben die Christen in der Ukraine – wie wir heute – ihr Fest vorbereitet, Geschenke eingepackt und ihr Haus festlich geschmückt. Zu diesem Zeitpunkt wurden zwar schon Bewegungen des russischen Militärs an den Grenzen der Ukraine beobachtet, doch dass tatsächlich am 24. Februar 2022 die ersten russischen Truppen das ukrainische Hoheitsgebiet betreten und angreifen würden, konnte sich keiner so recht vorstellen. Heute steht das zuvor festlich geschmückte Haus vielleicht nicht mehr, oder das als Geschenk verpackte Kuscheltier hat nicht mehr in den Koffer der Habseligkeiten gepasst und musste zurückbleiben.
Zahlreiche Frauen sind mit ihren Kindern aus ihrem Heimatland geflohen und suchen bis heute Schutz in unseren Reihen. Teilweise hören sie über mehrere Tage nichts von ihrem Mann und Vater, leben in der steten Sorge, er könnte an der Front gefallen sein. Lasst uns daher ganz besonders an jene Familien in der diesjährigen Adventszeit denken, mit ihnen ihre Last gemeinsam tragen und Hilfe leisten, wo es uns möglich ist. Ganz besonders möchte ich mich an dieser Stelle nochmals für die gesammelten Spenden bedanken, die wir in die Ukraine entsenden konnten.
„Jeder leistet von dem, was er hat. Der eine hat Geld, der gebe den Armen, ein anderer hat die Gabe des Rates, er sei den Nächsten ein guter Führer. Schwerlich lässt sich jemand finden, der nichts hat, womit er anderen helfen könnte. Das letzte, nicht geringste, liegt im Spruch des Apostels: „Einer trage des anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.“
Aurelius Augustinus, Bischof von Hippo in Nordafrika
Hält man sich diese Sorgen und Entbehrungen vor Augen, kann man nur demütig auf unseren Alltag und unsere Gemeinschaft blicken. Wir alle haben die Möglichkeit, unser ganz persönliches Weihnachtsfest zu feiern und dabei die Gewissheit, nach den Festtagen wieder zurück ins wunderbare Frankenland zu kommen. Die Tür zu unserem Gothenhaus wird offen stehen, die bekannten Mauern uns Heimat vermitteln und stets ein gutes Gespräch unter Bundesbrüdern auf uns warten. Voller Vorfreude auf das baldige Wiedersehen auf unserem schönen Gothenhaus wünsche ich euch mit der gesamten Chargia des Wintersemesters 2022/23 eine weiterhin besinnliche Adventszeit, ein gesegnetes Weihnachtsfest, eine gute Rückreise in unser schönes Würzburg und einen guten Rutsch ins neue Jahr.
Cum fide virtus!