Gewöhnlich finden die Treffen des rheinisch-westfälischen Gothenzirkels samstags statt. Dem Sabbat geschuldet besichtigten wir die jüdische Synagoge in der Kölner Roonstraße am Sonntag, dem 5. Mai.
Bevor wir uns der jüdischen Kultur widmeten, stärkte sich die Gothenschar noch im nahegelegenen Eiscafé Cortina. Glücklicherweise hatten wir auch einen der ersten (sehr wenigen) heißen Tage dieses Jahres erwischt, sodass sich tatsächlich die meisten für ein Eis und nicht für die dieses Jahr eher typischen Heißgetränke entschieden haben. Nach einer guten Stunde guter Konversation machten wir uns auf den Weg zur Synagoge.
Dort angekommen wurden wir sehr nett von Herrn Winfried Günther empfangen. Gleich zu Beginn der Führung ließ Herr Günther seine witzigironische Art durchblicken und machte darauf aufmerksam, dass das Christentum und das Judentum so manche Regeln für die Gläubigen bereithalten, die man nicht unbedingt begreifen kann, aber als Gläubiger einfach befolgt. „Manchmal sind diese Dinge im Christen- und Judentum entgegengesetzt – bei Ihnen setzen die Männer die Kopfbedeckung ab, bei uns setzen Sie eine auf – beides aus Respekt vor Gott“. In weiser Vorsehung hatten auch alle ihr Kopfcouleur mit.
Im Gebetsraum angekommen wurde uns neben der Symbolik des Raumes vor allem das Leben einer jüdischen Gemeinde erklärt. Synagogen dienen nicht nur dem jüdischen Gottesdienst, sondern auch Gemeindeveranstaltungen, der Erwachsenenbildung und der Bereitstellung von Hebräisch-Schulen für schulpflichtige Kinder. Herr Günther erklärte, dass wie bei anderen Religionen auch die meisten Juden sehr „säkularisiert“ sind. Die richtig orthodoxen machen nur einen kleinen Teil der Juden aus und auch innerhalb dieser gibt es unterschiedliche Strömungen. So wird auch nur noch von wenigen das Arbeitsverbot am Sabbat strikt befolgt. Für Orthodoxe ist die Kreation alles Neuen am Sabbat verboten, so z.B. auch das Anzünden eines Lichtes oder das Einschalten eines elektrischen Gerätes. Erlaubt sind glücklicherweise automatische Schaltungen und natürlich dürfen laufende Geräte auch weiter laufen. Mit einem Augenzwinkern erklärte Herr Günther, dass bei einem guten orthodoxen Kühlschrank der Kontaktschalter des Lämpchens am Sabbat mit einem Klebestreifen fixiert ist, da man sonst beim Öffnen das Licht einschalten würde.
Auch ein immer noch existierender Antisemitismus wurde angesprochen. Herr Günther merkte an, dass die Synagoge nicht ohne Grund ganztags von der Polizei bewacht wird. Nach einer leidenschaftlichen Diskussion über die Politik Israels besichtigten wir noch den großen Saal der Synagoge. Nach gut zweieinhalb sehr interessanten und informativen Stunden ließen wir den Tag in einem urigen Kölner Lokal ausklingen. Gedankt sei an dieser Stelle nochmals Bundesbruder Volkmar Friemel für die hervorragende Organisation des Tages.
Geschrieben von: Bbr. Franz Tollmann